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"Original Abschrift" aus dem Baruther Heimatland
Blätter zur Pflege der Heimatkunde vom 22. Januar 1936
(Schreibform entspricht der von 1936 und ist vom Original übernommen <Altdeutsch>.
Schriftart "Altdeutsch" geändert.)
Zesch - das märkische Weindorf.
Wer die weiten Kiefernforsten im Nordosten unseres Kreises zur Winterzeit durchstreift, wenn der Schnee knöcheltief seine Daunen gestreut hat, der wird verwundert sein über die tiefe Stille, die in den großen Waldrevieren herrscht. Auf einem Kahlschlage ist vielleicht etwas Leben , Asthiebe pochen, doch der Schnee dämpft den Schall; er reicht nicht weit. Vom Kummersdorfer Schießplatz grollt dann und wann ein dumpfer Schuß herüber, aber ein lang nachhallendes Echo weckt die Sprache der Geschütze nicht. Wagen und Schlittenspuren sind verweht, tagelang durchkreuzt kein Fuhrwerk das Gebiet; kaum das man auf eine frische Wildfährte stößt, die das Gleichmaß der Schneedecke unterbricht. Leicht steigt das Gelände an, strebt steiler auf. Es ist die Zescher Staumoräne, die eiszeitliche Gletscher mit ihrem grantigen Geröllschutt überdeckten. Am Fuße des gegen hundert Meter hohen Bergzuges liegt Zesch. Hier die Höhen, dort Wiesen und Seen, die im Frühjahr saftgrün und dunkelblau hinter gelbem Röhricht schimmern, nun aber in den Bann des Winter geschlagen sind. Ein stilles Dorf im stillen Lande; wie abgeschieden von der lauten Welt. Rohrdächer hier und dort, die ihre Pelzkappen weit über Ohren gezogen haben, so weit, daß kaum die Fensteraugen hervorblinzeln können. Wenn wir von dem rundlichen Dorfanger nach Süden zu blicken, dann steigt der Bergwald wie eine graublaue Wand auf. Es ist der Wein- Berg. Eine Bezeichnung die wir so häufig beim Durchstreifen unserer Heimat finden. Baruth, Jüterbog, Zossen, Teupitz hatten ausgedehnte Weinberge; besonders im späteren Mittelalter, zur Zeit der beiden Kurfürsten Joachim- also um das Jahr 1550 herum -, scheint der Weinbau in der Mark am ertragreichsten gewesen zu sein. Verfeinerter Geschmack, Müdigkeit des Bodens und Krankheiten der Reben ließen ihn dann nach und nach bis auf geringe Reste verschwinden. Zesch hat aber noch heute seine- fürstliche- Rebenkultur; sogar eine Art Weinlese findet hier noch statt, an deren Ertrag die Zescher Hausbesitzer beteiligt sind. Weinlese in der Mark- es ist eine Seltenheit geworden. In der Vorkriegszeit konnte hier mit einem Ertrage von ungefähr tausend Litern gerechnet werden. Lange ist es her, da? die Reben aus dem heiteren Süden bei uns eingeführt wurden. Bischof Otto von Bamberg soll es gewesen sein, der auf seiner zweiten Reise nach Pommern im Jahre 1128 ein Faß voll Weinreben mitgenommen hat, um sie an geeigneten Stellen anpflanzen zu laßen. 1928 hätte man also ein denkwürdiges Jubiläum feiern können. Zesch, das stille Dorf, vor allen anderen im heimatlichen Kreise.
-- Feuchter ist die Luft geworden und wärmer. Kein Lüftchen regt sich; und doch laßen die Zweige immer mehr von der Last niederpurzeln. Tauwetter naht. Dann rieseln von den Höhen kleine Wasseradern in die Tiefe, dann schmelzen die dicken Wehen, dann- dann geht es wieder aufwärts, dem Lenz entgegen.
Der Zustand des Dorfes nach dem 30jährigen Kriege.
Zesch ist heute nur ein kleines Dorf. Nach dem 30jährigen Kriege stellte eine Untersuchungskommißion des Amtes Lübben fest, was in diesem "geringen und unbewohnten" Dorfe an Werken noch vorhanden war. Sie berichtete an den "Hochwürdigsten, Hochgeborenen, Durchlauchtigsten Fürsten zu Sachsen" , von dem der damalige Graf zu Solms- Baruth die Dörfer Zesch und Mahlsdorf zu Lehen hatte, das in dem Dorfe Zesch eine Schäferei bestehe, in der " an 500 Schafe gehalten werden können. Der Weinberg (auf dem noch heute wein gebaut und jährlich gekeltert wird), Prese und Winzerhaus, so allda zu finden, weil solche noch nicht ganz angebaut, nach Abzug des Winzer Lohns" wird mit 300 Talern tariert. Der einzige Bauer, der in den Wirren des Krieges in Zesch geblieben ist, zahlt "keine Zinsen, Pächte, noch gibt er sonst etwas ab, auch tut er keine Dienste. Genau das selbe ist es mit dem letzten der Rossäten". "Hierbei zu gedenken, daß vordies in dem Dorfe noch sieben Bauern und zwei Rossäten gewesen sind", doch ihre Häuser sind (wohl durch die Schweden) zerstört und "das Feld um das ganze Dorf herum ist verwachsen". Zur Verbeßerung der beiden Güter Zesch und Mahlsdorf, Niederlausizschen Lehen, wollte der Graf zu Solms- Baruth 5000 Taler aufnehmen, die der "Uccis- Inspektor von Luckau herleihen wollte.Der Graf brauchte dazu die Einwilligung seines Lehnsherrn, und nachdem dieser obige Wertaufstellung hatte anfertigen laßen, gab er seinen "Konsens, wenn auch mit schweren Bedenken" (Geh. Staatsarchiv, Dahlem; Lehnsakten IV,71,38,39).
Eine Kirche in Zesch?
Im Dorf hat sich die Überzeugung erhalten, daß einmal an der Stelle des jetzigen Spritzenhäuschens eine Kirche gestanden habe. Zesch ist aber immer nach Baruth eingepfarrt gewesen, und der Geistliche ist von Zeit zu Zeit zum Predigen in das Dorf gekommen." Das Pfarrleben der von Schlieben hat folg. insorporierte Dörfer: Mückendorff, Rodelanndt, Zeschß, Dorniswalde, Klein-Ziescht und Klausdorf" (Kirchenmatrikel von Baruth 1575). "Pfarrer Laurentius Lehmann ist August 1566 von denen von Schlieben berufen und vom Superintendanten zu Schlieben investieret worden". Der Pfarrer in Baruth erhielt aus Zesch "gibt auch ein jeder einen Scheffel Korn". Wenn nun im Kirchenbuch von Baruth auf der ersten Seite zu lesen ist: "Theodoricus Schulze Pastor Zeschaujensis" läßt sich trauen, so hat hier "Pastor" seine ursprüngliche Bedeutung-- Hirt, Gemeindehirt, Vieh-Hirt.
Wendische Dorfform und wendischer Ortsname.
Das Dorf Zesch ist ein deutlich erkennbarer Rundling (wendische Dorfform) und der Name Zesch, um 1600 und später geschrieben Zeschau, Zescho, Zesche, Tzschesch, Zeschß bedeutet etwa "Zeisig" von der wendischen Wortwurzel nz--Ziesch. Von den Häusern trägt aber keines mehr das Wendenzeichen, wie noch einige Höfe im Spreewald (einen Stab mit einer Rundscheibe am oberen Ende), es ist sogar das deutsche Giebelzeichen, der Pferdekopf selten geworden, denn in zwei Bränden 1819 und 1835 wurden die Gebäude zum großen Teil zerstört, so daß nur noch wenige Häuser vor mehr als 100 Jahren erbaut sind. "Bei diesem letzten Brande" , erzählt die Schulchronik, "war auch das Schulhaus ein Opfer der Flammen, und der Lehrer Schaffhirt mußte sein ganzes Hab und Gut den Flammen überlaßen; und er stand nun mit tränendem Auge, denn sein Verlust war groß und sein Einkommen gering".
Wiederaufbau nach dem 30jährigen Kriege.
Die Wälder um Zesch sollen vor dem 30jährigen Kriege nicht bestanden, die Flur ein ganz anderes Aussehen gehabt haben. " Da die Bauerngüter in den Kriegszeiten verfallen, die Felder durch Anflug und Wildwachs mit Gestrüpp bedeckt waren. "Daher hat die Herrschaft zu Solms- Baruth die Äcker benutzt und anfänglich einen Hammelstall aus der Malzendorfer Schäferei dahin verlegt, woraus in der folgenden Zeit eine Schäferei entstanden; von den Wüsten Gütern hingegen ist ein Vorwerk angeleget worden. " Allem Vermuten nach hat Herr Graf Friedrich Sigismund der Altere einen Schulzen und mehrere Rossäten in diesem Dorfe neu angesiedelt, die Häuser hingegen sind erst später errichtet worden
" (Hauptbuch des Amtes Baruth im fürstl. Archiv).
Der dritte Zescher See.
Der dritte der Zescher Seen ist heute verschwunden, es war die sumpfige Wiese am Südende des Großen Sees, die heute noch nicht baumbestanden ist. Eine Mühle, an der steinernen Brücke, wurde durch das Wasser dieses "Mühlenteiches" getrieben. Tiefer im Wald liegt noch ein Keller; Schäferei und eine Pechhütte standen dort. Diese Gebäude sind entgültig etwa um 1900 abgerißen worden, und die Herrschaft lies am Nordausgang des Dorfes neue Gutsgebäude errichten.
Pflichten und Rechte der Ansiedler.
Als das Dominium zu Baruth Ansiedler nach Zesch führte, um das zerstörte Dorf wieder aufzubauen, wurde vom Dominium alles zum Bauen Nötige unentgeltlich verabreicht. Dafür mußten die Hofbesitzer sogenannte Hofedienste verrichten, Handdienste auf den Herrschaftlichen Gütern. Die Leistungen und Pflichten waren genau festgelegt; Flachs gerben und schwingen, Häckerling schneiden, Schafe Scheren und Korn säen. Die Untertanen mußten sich auf Bestellung zu Jagddiensten einfinden und sich bereit halten, "Botschaft" zu laufen. Den kirchlichen und Schul- Stellen wurden Naturabgaben geleistet. Die Dorfbewohner haben aber auch das Recht, auf den herrschaftlichen Seen zu angeln, Leseholz zu sammeln Streuling zu harken und ihr Vieh in den herrschaftlichen Forsten zu laßen.
Änderung der Verhältniße durch die Preußischen Bauernreformen.
Dies hat sich alles geändert. Durch die Bauern- Reformen Preußens, dem Baruth seit 1815 zugehört, konnten sich die hörigen Bauern frei machen. Dies taten sie durch Geld oder Landabgaben an die Herrschaft, oder sie verließen ihre Güter und wurden "ausgekauft". Die Leistungen und die Herrschaft fielen somit weg. Die Bauern traten ihre rechte gegenüber den Grafen, nachmals Fürsten zu Solms- Baruth, ab und erhielten dafür Rentkapitalien oder Landzuweisungen. Die Naturalabgaben an die geistlichen Institute sind durch einen Rezeß von 1876 abgelöst. der Militärfiskus hat die Äcker nördlich des kleinen Sees und des Weges Zesch- Jachzenbrück angekauft und "gut bezahlt", wie die Schulchronik meldet.
Ein eigenartiger Prozeß.
Es ist eigentlich schade, daß die "Berliner" nun die bisher wenig gestörten Flecken der "weiten Umgebung" aufsuchen. Daß es aber auch hier nicht immer "friedlich" zugeht, zeigt folgende eigenartige Geschichte aus der Schulchronik: "Seit dem Jahre 1891 klagte sich die Gemeinde Zesch mit der Gutsherrschaft wegen der Holzlieferung zur Herstellung eines Gartenzaunes für die Schule. Die Herrschaft wollte das Holz wohl s ch e n k e n, doch die Gemeinde nimmt dies nicht an. den Schaden hat die Schule und der Lehrer. "Am 2. 4. 1895 (!) wurde endlich der Schulzaun aufgestellt. Die Gemeinde hat sich endlich nach längerem Klagen und großen Kosten und durch die Behörde gezwungen, dazu bereit verstanden, die fürstliche Verwaltung zu Baruth zu bitten, das Holz Geschenkweise zu geben. Dann ließ es die Gemeinde schneiden, und bauten alle Gemeindemitglieder zusammen den Zaun".
Heinz Ortlepp, Tempelhof.
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Ende der Abschrift !
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Im 2. Weltkrieg war Zesch am Drama des Halber- Kessels beteiligt. Nach dieser Zeit wurde hier viel Aufbauarbeit geleistet und einige der Bauwerke haben ihr Schicksal überlebt. Es begann eine Zeit, die das heutige Zesch am See zu einem Ort der Erholungssuchenden machte. Man kann sagen, das sich der Hauptteil der kleinen Zescher Wirtschaft dem Tourismus widmet. In dieser Zeit der DDR Regierung entstanden viele Betriebserholungsstätten und Kinderferienlager, sowie zahlreiche Privatwochenendgrundstücke in Zesch. Heute nach der sogenannten Wende ist Zesch wieder ein Dorf, das von seinen Einwohnern und dessen touristischen Einsatz geprägt wird. Eines der Ferienlager bietet noch heute die Unterbringung von Familie und Kind an. Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen Aufenthalt in Zesch am See. Lernen Sie die Natur und dessen seltene Artenvielfalt kennen, genau so wie es schon unsere Vorfahren taten und lauschen Sie doch mal in die Weiten der Natur und denken dabei an diese obige Abschrift. Ich glaube, Sie werden jedes Geschehen und jede Geschichte dieses schönen Naturortes verstehen und genießen.
Ausgebucht?